Art. 3 GG

BVerfG, 31.03.1971 - 1 BvR 744/67

Die Anknüpfung der Kirchensteuerpflicht an innerkirchliche Regelungen, die die Kirchenmitgliedschaft von Taufe und Wohnsitz abhängig machen, verstößt nicht gegen die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit sowie die negative Vereinigungsfreiheit, sofern der Kirchenangehörige jederzeit die Möglichkeit hat, seine Mitgliedschaft zu beenden.

BVerfG, 23.03.1971 - 1 BvL 25/61, 1 BvL 3/62

1. Das Verbot, Schriften, die Kinder oder Jugendliche offensichtlich sittlich schwer gefährden, im Versandhandel zu vertreiben, zu verbreiten oder zu diesen Zwecken vorrätig zu halten (§ 6 Abs. 1 GjS), ist mit dem Grundgesetz vereinbar.
2. Die grundsätzliche Wertentscheidung der Verfassung für die Freiheit der Meinung und der Information schließt es aus, Schriften, die durch Bild für Nacktkultur werben (§ 6 Abs. 2 GjS), aufgrund einer unwiderleglichen Vermutung generellen Verboten zu unterwerfen.

BVerfG, 16.03.1971 - 1 BvR 52/66, 1 BvR 665/66, 1 BvR 667/66, 1 BvR 754/66

1. Die Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben (hier die Bevorratungspflicht für Erdölerzeugnisse) ist als solche nicht verfassungswidrig.
2. Die Grenzen der Zulässigkeit einer solchen Indienstnahme ergeben sich vor allem aus den Grundrechten, insbesondere aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

BVerfG, 09.03.1971 - 2 BvR 326/69, 2 BvR 327/69, 2 BvR 341/69, 2 BvR 342/69, 2 BvR 343/69, 2 BvR 344/69, 2 BvR 345/69

Das Rechtsstaatsprinzip verbietet belastende Gesetze, die zur Erreichung der Gesetzeszwecke schlechthin untauglich sind. Dem Gesetzgeber steht aber ein weiter Spielraum für die Beurteilung der Zwecktauglichkeit eines Gesetzes zu. Eine gesetzliche Maßnahme kann nicht schon deshalb als verfassungswidrig angesehen werden, weil sie auf einer Fehlprognose des Gesetzgebers beruht.

BVerfG, 24.02.1971 - 1 BvR 438/68, 1 BvR 456/68, 1 BvR 484/68, 1 BvL 40/69

1. Über die Grenzen der gesetzgeberischen Befugnis, in Namensführung und satzungsgemäße Betätigung eines Vereins einzugreifen (Art. 9 Abs. 1 GG).
2. Zur Differenzierung zwischen Gewerkschaften und sonstigen Arbeitnehmervereinigungen beim Aufstellen von Unterschriftenquoren in Wahlvorschriften für die Selbstverwaltungsorgane der Sozialversicherung (Art. 3 Abs. 1 GG).

BVerfG, 15.12.1970 - 1 BvR 208/65

1. Nicht mehr bestehende Körperschaften im Sinne des Art. 135 Abs. 2 und 5 GG sind nicht nur solche Organisationen, die bei Inkrafttreten des Grundgesetzes bereits gesetzlich aufgelöst worden waren, sondern auch solche, deren öffentlich-rechtliche Funktionen mit dem Bestand der nationalsozialistischen Staats- und Wirtschaftsordnung eng verknüpft waren und daher mit deren Zusammenbruch auch ohne besonderen Auflösungsakt entfielen.
2. Die für die Regelung der Reichsverbindlichkeiten aus Art. 134 GG zu entnehmenden Grundsätze (vgl. BVerfG 15, 126 [140 ff.]) gelten für die Regelung von Verbindlichkeiten nicht mehr bestehender Körperschaften auf Grund des Art. 135 Abs. 5 GG jedenfalls dann entsprechend, wenn diese Verbindlichkeiten aus Hoheitsakten herrühren, welche diese Körperschaften im Auftrag des nationalsozialistischen Staates und zur unmittelbaren Erfüllung nationalsozialistischer Staats- und Wirtschaftsziele vorgenommen haben.
Es verstößt weder gegen Art. 14 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, daß Entschädigungsansprüche gegen den Reichsnährstand oder seine Zusammenschlüsse wegen einer Betriebsstillegung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 4 des Reichsnährstands-Abwicklungsgesetzes nur in beschränktem Umfang geltend gemacht werden können.

BVerfG, 14.10.1970 - 1 BvR 307/68

Die Aufhebung der Jahresarbeitsverdienstgrenze in der Rentenversicherung der Angestellten durch Art. 1 § 2 Nr. 1 Finanzänderungsgesetzes vom 21. Dezember 1967 verletzt nicht die Grundrechte der höherverdienenden Angestellten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

BVerfG, 03.12.1969 - 1 BvR 624/56

1. Die Bundesrepublik Deutschland hatte für die von den alliierten Streitkräften bei der Besetzung deutschen Gebietes am Ende des 2. Weltkrieges und in der Nachkriegszeit verursachten Schäden (Besatzungsschäden) nicht in gleicher Weise einzustehen, wie wenn diese von deutschen Staatsorganen verursacht worden wären.
2. a) Die Wertordnung des GG verlangt besonders im Hinblick auf das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG), daß die staatliche Gemeinschaft Lasten mitträgt, die aus einem von der Gesamtheit zu tragenden Schicksal entstanden sind und nur zufällig einen bestimmten Personenkreis treffen. Hieraus folgt zunächst nur die Pflicht zu einem innerstaatlichen Ausgleich, dessen nähere Gestaltung weitgehend dem Gesetzgeber überlassen ist. Erst eine solche gesetzliche Regelung kann konkrete Ausgleichsansprüche der einzelnen Geschädigten begründen.
b) Besatzungsschäden gehören zu dem großen Komplex der Kriegs- und Kriegsfolgelasten; die für deren Regelung entwickelten verfassungsrechtlichen Grundsätze (vergleiche BVerfGE 15, 126 [140 ff.]; 23, 153 [176 f.]) gelten auch hier.
3. a) Es verstößt weder gegen Art. 14 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, daß das BesatzSchG die vor der Währungsreform verursachten Sachschäden nicht im Verhältnis 1 RM : 1 DM entschädigt.
b) Die Abgrenzung der Fälle, in denen für Sachschäden eine höhere Entschädigung als nach dem Verhältnis 10 RM : 1 DM vorgesehen ist (§§ 26 ff. BesatzSchG), beruht auf sozialen Erwägungen, zu denen der Gesetzgeber im Rahmen einer innerstaatlichen Lastenverteilung sowohl berechtigt als verpflichtet ist. Dies gilt auch für die Staffelung der Entschädigung nach dem Prinzip der sozialen Degression.